Europäische Journalisten Föderation

EU Gesetz über digitale Dienste: Europäische Bürger brauchen einen stärkeren DSA

Bildnachweis Olivier Matthys / AFP.

Update (24/06/21):
Die EJF fordert den
Kulturausschuss des Europäischen Parlaments auf, den Artikel 12 zu ändern oder besser, den Änderungsantrag 27a im Entwurf der Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) aufzunehmen. Online-Plattformen sollten nicht das Recht haben, jegliche redaktionellen Inhalte (und nicht nur audiovisuelle redaktionelle Inhalte) zu bearbeiten oder zu entfernen!

—————————————————————————————————————————————————————–

Die Europäische Journalisten Föderation (EJF) begrüßt den vorgeschlagenen EU Digital Service Act als ein längst überfälliges und entscheidendes Instrument, um ein sichereres, faireres und verantwortungsvolleres Online-Umfeld zu schaffen. Die Journalisten-Community glaubt, dass der DSA stärker sein muss, um ein digitales Medien-Ökosystem zu garantieren, das auf Vertrauen und Engagement des Publikums basiert, insbesondere im Kampf gegen Desinformation. Heute bestimmen die Plattformen, wer wann was sieht – basierend auf ihren Content-Empfehlungssystemen, Algorithmen und AGBs. Heute hat die Macht der großen Plattformen und Gatekeeper zu dem Marktversagen beigetragen, dem wir im Journalismus gegenüberstehen. Wie wir ein günstiges Umfeld für unabhängigen, professionellen Journalismus im digitalen Ökosystem sicherstellen können, hängt davon ab, dass wir gleiche Wettbewerbsbedingungen und eine faire Durchsetzung des digitalen Wettbewerbs gewährleisten.

  •  Die DSA muss für alle Online-Plattformen hohe Transparenzstandards bezüglich algorithmischer Entscheidungsprozesse und Inhaltsempfehlungen festlegen.
  • Die EJF begrüßt die Tatsache, dass der DSA versucht, “Big Tech” durch neue Transparenz- und Sorgfaltspflichten gegenüber den Behörden rechenschaftspflichtig zu machen, auch für die Entscheidungen, die sie treffen, um Inhalte zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu beschränken (Schutz der Meinungsfreiheit).
  • Die EJF begrüßt die Verpflichtung zur Transparenz von Online-Werbung und der natürlichen oder juristischen Person, die dahinter steht.
  • Die EJF begrüßt die Verpflichtung zur Transparenz von Online-Plattformen hinsichtlich der Verwendung von automatisierter content moderation, Indikatoren für die Richtigkeit und alle angewandten Schutzmaßnahmen.

“Solange bis zu 80 Prozent der Werbeeinnahmen an die großen Plattformanbieter gehen, ist die Zukunft des unabhängigen Journalismus in großer Gefahr.”

  • Die EJF bedauert, dass der DSA den “Big Tech”-Geschäftsmodellen, die auf der massiven Sammlung persönlicher Daten, Profiling und gezielter Werbung basieren, nicht ausreichend Grenzen setzt.
  • Die EJF bedauert, dass der DSA die übermäßige Macht von “Big Tech” über die Informationsflüsse nicht adressiert (neben Regeln zu content moderation brauchen wir Regeln zur Öffnung der Märkte für neue Plattformen und zur Vervielfältigung der Kanäle des öffentlichen Diskurses und der journalistischen Inhalte).
  • Eine faire und diskriminierungsfreie Verbreitung aller digitalen Presseveröffentlichungen und Publikationen auf Gatekeeper-Plattformen muss sichergestellt werden.
  • Online-Plattformen monetarisieren mit Inhalten, die von Journalisten produziert werden. Diese Journalisten erhalten jedoch nicht ihren Anteil an den Einnahmen. Der DSA sollte konkrete Vorschläge unterbreiten, die eine gerechte Aufteilung der Einnahmen anstreben und faire Umverteilungssysteme fördern.

“Das neue Gesetz muss ein Wegbereiter sein, kein Hindernis für die Medienfreiheit.”

  • Ein stärkerer DSA sollte journalistische Online-Inhalte vor Eingriffen durch Online-Plattformen schützen. Journalistische Inhalte werden regelmäßig von Online-Plattformen ohne Vorwarnung entfernt und Konten von Journalisten gesperrt. Plattformbetreibern sollte es nicht erlaubt sein, Kontrolle über journalistische Inhalte auszuüben, die auf den Plattformen verfügbar sind. Die DSA sollte sicherstellen, dass Journalisten und/oder die Medien, für die sie arbeiten, allein für die von ihnen produzierten Inhalte verantwortlich bleiben. Die EJF fordert die EU-Institutionen auf, alle redaktionellen Plattformen aus dem Anwendungsbereich der in Kapitel III dargelegten Verpflichtungen auszuschließen, da sie die redaktionelle Freiheit gefährden würden. Die Einbindung des Publikums wird für Journalisten und Medien zu einem wichtigen Instrument, um Vertrauen und Transparenz zu schaffen. Es kann nicht sein, dass Gatekeeper-Plattformen ihre Kontrolle über die Online-Meinungsbildung zementieren.
  • Online-Plattformen dürfen keine Werkzeuge einsetzen, um journalistische Inhalte zu bewerten, zu kontrollieren oder zu kennzeichnen. Der DSA sollte die Selbstregulierung und redaktionelle Kontrolle der Presse (Presse- & Medienräte) erhalten und schützen.
  • Die EJF fordert eine Klarstellung zur Qualifikation von “vertrauenswürdigen Hinweisgebern” (Art. 19). Journalistengewerkschaften und -verbände sollten sich als “vertrauenswürdige Hinweisgeber” qualifizieren können. Wenn es um Rechte des geistigen Eigentums geht, sollte der Status eines “vertrauenswürdigen Hinweisgebers” Verwerungsgesellschaften, Verbänden von Rechteinhabern, Presseräten, Journalistengewerkschaften und -verbänden gewährt werden.
  • Die Mitgliedsstaaten sollten sicherstellen, dass die nationalen unabhängigen Regulierungsbehörden und Gremien für die Medien angemessen an der Durchsetzung und Überwachung des DSA beteiligt sind.