Europäische Journalisten Föderation

Deutschland: Wo bleibt die Statistik über Gewalt gegen Medienschaffende?

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Die Europäische Journalisten Föderation (EJF) unterstützt die Forderung des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) nach einer gesonderten kriminalstatistischen Erhebung des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Gewalt gegen Medienschaffende. Die Gewalt gegen Journalisten und Journalistinnen in Deutschland nimmt zu, doch die Statistiken des BKA geben keinen Aufschluss darüber.

Während Daten über Gewalt gegen Polizeikräfte in Deutschland bereits seit den 1950er Jahren erhoben werden, erfasst das BKA verbale, körperliche und digitale Angriffe auf Journalisten und Journalistinnen nicht separat. Mit der jährlichen Polizeilichen Kriminalstatistik, die auf Grundlage der Daten von 16 Landeskriminalämtern erfasst wird, gibt es bereits ein Vorbild, wie eine solche Erhebung aussehen könnte.

„Journalistinnen und Journalisten sind zunehmend gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt. Wir erleben in trauriger Regelmäßigkeit Beleidigungen, Bedrohungen und körperliche Angriffe. Die polizeilichen Statistiken bilden das aber nicht ab“, erklärt DJV- Bundesvorsitzender Frank Überall.

Der Bereich “Medien” findet sich zwar in der offiziellen Übersicht des BKA zur “politisch motivierten Kriminalität”, das sei aber viel zu unspezifisch, findet Überall. Straftaten mit dem Oberangriffsziel “Medien” seien in diesem Bericht für das Jahr 2021 außerdem nicht in konkreten Fallzahlen enthalten. Auf Anfrage des DJV erklärte ein Sprecher des Bundeskriminalamtes, dass in dieser Kategorie für das Jahr 2021 insgesamt 276 Straftaten registriert worden seien.

„Das bedeutet, dass in Deutschland an jedem Werktag eine Straftat gegen Medien verzeichnet wird“, so DJV-Vorsitzender Überall. Er kritisiert, dass es keinerlei Auskunft darüber gebe, wie viele Journalisten und Journalistinnen gewalttätig angegriffen werden. Und weiter: „Den Farbbeutelwurf auf ein Verlagshaus mit dem Verprügeln einer Reporterin gleichzusetzen, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.“

Ob und wie viele dieser Straftaten gegen Medienschaffende im Internet stattfanden, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Dunkelziffer zu Bedrohungen und Beleidigungen im Internet gegen Journalisten und Journalistinnen ist hoch, weshalb DJV-Vorsitzender Überall dazu aufruft, jede Straftat zur Anzeige zu bringen, damit sie auch in künftige Statistiken einfließen können.

Die Europäische Journalisten Föderation ist der Meinung, dass eine offizielle Statistik des BKA in Deutschland nicht nur ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit von Medienschaffenden ist, sondern auch ein prinzipielles Statement, das für andere EU Länder als Vorbild dienen könnte.

„Medienorganisationen sollten ihre Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Angestellten und freien Journalisten und Journalistinnen sehr ernst nehmen”, sagt EJF Direktorin Renate Schroeder. „Wir befürchten, die Gewalt gegen Medienschaffende wird in diesem Herbst weiter zunehmen.”

Wir fordern unsere Politiker und Politikerinnen auf, die Medienfreiheit und die Sicherheit von Journalisten und Journalistinnen zu schützen: Das Informationsrecht der Bürger und Bürgerinnen steht auf dem Spiel.

Darüber hinaus bietet die Plattform Media Freedom Rapid Response (MFRR) die Möglichkeit, Missstände zu melden und zur Sichtbarkeit beizutragen. Sie verfolgt, überwacht und reagiert auf Verstöße gegen die Presse- und Medienfreiheit in den EU-Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern. Das Projekt bietet rechtliche und praktische Unterstützung, öffentliche Fürsprache und Informationen zum Schutz von Journalisten/Journalistinnen und Medienschaffenden. MFRR wird von einem Bündnis unter der Leitung des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) organisiert, ARTICLE 19 Europe, die Europäische Journalisten Föderation (EJF), Free Press Unlimited (FPU), das International Press Institute (IPI) und CCI/Osservatorio Balcani Caucaso Transeuropa (OBC Transeuropa) angehören. Das Projekt begann im Jahr 2020 und wird von der Europäischen Kommission finanziert.